Lerneinheit 3

Grundlagen der Geovisualisierung

 

Ziele von Lerneinheit 3

 


3.1 Merkmale der Geovisualisierung
 

In Abschnitt 1.4 wurden bereits zwei Merkmale genannt, durch welche sich die 3D-Geovisualisierung von allgemeinen Visualisierungen unterscheidet:

 

·       der dreidimensionale Darstellungsraum

·       die georeferenzierte Darstellung

 

Darüber hinaus zeichnen sich 3D-Geovisualisierungen dadurch aus, dass zumeist eine

 

·       Darstellung der Erdoberfläche (Relief)

 

als zentrales Visualisierungsobjekt fungiert. Dieses spezielle Visualisierungsobjekt soll im Weiteren kurz als Relief bezeichnet werden. Die Relief-Visualisierung ist Beschäftigungsgegenstand des Abschnitts 3.2. Darüber hinaus sind unter anderem die folgenden Merkmale zu nennen:

 

·       Berücksichtigung thematischer Information, und damit einher gehend unter anderem

o     die Möglichkeit der Nutzung des Reliefs für die Darstellung thematischer Information

o     die kartografische Umsetzung in Farben und Symbole

o     GIS-Anbindung (Lesen von Geoobjekten, Zurückschreiben editierter Geometrien und/oder thematischer Attribute, Aufruf von GIS-Analysemethoden etc.)

·       Variierende psychologische Räume (Erläuterung)

·       Horizontale als Bezugsebene / Einfluss der Gravitation (Erläuterung)

·       variierende Abstraktionsgrade (Fotorealismus vs. abstrakte Darstellung)

 

 

3.2 Das Relief als Bezugsfläche
 

Unabhängig von der mit dem Systemeinsatz verfolgten Zielsetzung ist eine 3D-Darstellung der Erdoberfläche (Relief) zumeist unabdingbar. Statt des Relief-Begriffs sind in der Literatur auch abweichende Bezeichnungen wie zum Beispiel "3D-Topographie", die englische Bezeichnung "Terrain" oder einfach "Geländemodell" oder "Oberfläche" zu finden.

 

 

3.2.1 Darstellung des Reliefs

Der Oberflächenbeschreibung liegt dabei in der Regel ein sogenanntes Digitales Geländemodell (DGM) zugrunde. Die Darstellung kann basierend auf Dreiecksnetzen ("triangulated irregular networks", kurz TINs) oder Vierecksnetzen erfolgen.

 

Die rechtstehende Abbildung zeigt ein einfaches Geländemodell in Gitter- und TIN-Repräsentation.

 

 

Zur Aufrechterhaltung der Echtzeit-Eigenschaft ist ein Einsatz von Level-of-Detail-Techniken häufig un­ent­behrlich. Level-of-Detail-Techniken ermöglichen abhängig vom Abstand des Betrachters bzw. der Kamera von einem Objekt die Darstellung in unterschiedlichen Detailliertheitsgraden (LoDs).

 

Quelle: Computer Graphics Research Group der ETH Zürich

 

Um die Höhenverhältnisse in der 3D-Darstellung der Erdoberfläche (Relief) besser erkennbar zu machen, bieten nahezu alle 3D-Geovisualisierungs-Systeme die Möglichkeit einer vertikal überhöhten Darstellung. Praktisch bedeutet dies allerdings nicht die einfache Multiplikation der Höhendaten des Geländemodells mit einem Höhenmaßstabsfaktor, sondern eine vertikale Streckung des dem jeweiligen Ansichtsfenster zugrunde liegenden Koordinatensystems.

Bemerkungen zum Überhöhungsproblem

 

 

3.2.2 Projektion von Information auf das Relief

Auf die Erdoberfläche beziehbare Daten lassen sich zur Einfärbung oder Texturierung des Reliefs verwenden. Die Geometrie des Relief-Visualisierungsobjekts bleibt dabei weitgehend erhalten, lediglich ergänzt werden zumeist Farb- und/oder Texturinformationen. Die folgenden Beispiele sollen diese Möglichkeit demonstrieren:

 

·       Hypsometrische Einfärbung: Häufig wird das Relief unter Verwendung einer entsprechenden Farbzuordnungsvorschrift in Abhängigkeit von der Geländehöhe eingefärbt. Die Einfärbung des Reliefs erfolgt zumeist in den Stützpunkten des zugrunde liegenden Geländemodells, das beispielsweise als Dreiecksnetz (TIN) oder Gitter vorliegen kann. Zwischen diesen Stützpunkten erfolgt eine Interpolation der Farbwerte.

Beispiel: Geländemodell des El-Kala-Nationalparks in Algerien. Tiefe Höhenlagen sind dunkelgrün, hohe Lagen braun eingefärbt.

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·       "Image Drape": Zur Texturierung lassen sich Bitmaps wie gescannte Topographische Karten, Luftbilder oder Satellitenbilder verwenden. Es ist zu beachten, dass hierfür eine Georeferenzierung der Bilddaten nötig ist. Häufig sind die Bilddaten auf den vom Relief eingenommenen Raumausschnitt zuzuschneiden. Darüber hinaus ist zu beachten, dass die Daten parallel zur xy-Ebene auf das Relief zu projizieren sind.

Beispiel: Projektion topografischer und thematischer Karten auf das Relief des El-Kala-Nationalparks:

 

Drape der topografischen Karte auf das Relief:

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Drape der geologischen Karte auf das Relief:

Drape der Karte zur potenziellen natürlichen Vegetation auf das Relief:

 

·       Multi-Texturing-Techniken zur Darstellung thematischer Information: Moderne Texturierungstechniken ermöglichen eine Hardware-unterstützte Kombination mehrerer Textur-Ebenen (zum Beispiel durch "Mischung" oder "Texturlinsen") oder zur visuellen Simulation von Unebenheiten im Gelände bei vereinfachter Relief-Darstellung einsetzen ("bump mapping").

 

Quelle: Hasso-Plattner-Institut, Potsdam

 

 

Weiterhin lassen sich vektoriell vorliegende Geoobjekte auf dem Relief positionieren bzw. darauf projizieren. Als Beispiele seien genannt:

 

·       Positionierung von Bauwerken: Bei den zu positionierenden Objekten kann es sich um drei­dimen­sio­nale Objekte ohne Angabe einer Ein­fügehöhe han­deln, durch welche Bauwerk-Geometrien beschrieben werden.

Beispielhaft sei eine aus einer CAD-Um­ge­bung stammen­de Gebäude­beschrei­bung, dessen Geschoss- und Dach­­höhen zwar spezifiziert sind, die Angabe eines Höhenwertes für die Grundfläche jedoch fehlt. In diesem Fall ist das Objekt auf die ent­spre­chende Höhe anzu­heben und gegebenenfalls mit einem Sockel zu ver­sehen, so dass es nicht teilweise in der Luft schwebt.

 

Als weitere Bei­spiele in der Domäne häufig ver­arbeiteter 3D-Objekte (die sich nicht not­wen­diger­weise ober­halb der Erd­ober­fläche be­finden müssen, sondern sich auch darunter befinden kön­nen) seien exemplarisch Tür­me, Masten, Bohr­profile, Bäume, Sträucher, Brücken, Stau­dämme, Tunnel und Wind­kraft­anlagen ge­nannt.

 

·       Positionierung von Symbolen: Zur Positionierung von Bauwerken aus technischer Sicht sehr ähnlich ist die Positionierung punktbezogener Symbole auf dem Relief.

 

·       Projektion linienhafter Objekte: Beispielhaft seien linienhaft model­lierte Straßen­züge, Flur­stücksgrenzen, Gebäude-Grundrisse mit fehlender Höhen­an­gabe und Ver­sor­gungs­leitungen genannt. In die­sem Fall sind die je­wei­li­gen Ob­jekte unmittelbar auf das Relief zu projizieren.

 

·       Anhebung des Reliefs in Abhängigkeit von planar vorliegender Geoinformation.

 

Das rechtstehende Beispiel zeigt, wie thematische Information über die Landnutzung verwendet wird, um das Relief höhenmäßig anzuheben. So wird im Beispiel für die rot dargestellten bebauten Flächen ein anderer Offset verwendet als für die grün dargestellten Waldgebiete. Wasserflächen und landwirtschaftliche Nutzflächen hingegen bleiben unverändert.

 

 

3.3 Navigation und Orientierung in Georäumen
 

Kamerasteuerung

In den Programmen werden (je nach Zweck) verschiedene Modi zur Änderung der Kameraeinstellungen bereitgestellt. Als Inter­aktions-Meta­phern werden in Anwendungen mit Echtzeit-Ren­dering neben einem Examine-Modus zumeist ein Walk-through- oder Fly-by-Modus (bezie­hungs­weise Drive-through, Tunnel-under etc.) sowie Zoom- und Pan-Funktionen an­ge­boten. Walk-through und Fly-by ope­rie­ren dabei oft auf Grundlage eines Gelände-folgenden Ko­ordinatensystems.

 

In Desk­top-Umgebungen erfolgt die räumliche Navigation zumeist auf Grund­lage intuitiver Maus-basierter Steuerungen im aktu­ellen 3D-Ansichts­fenster. Für viele Anwendungsfälle ist darüber hinaus die direkte Manipulation der Kamera in einem Über­sichts­fenster von Nutzen. In VR-Umge­bungen wird die Be­trachter­position über Tracking-Systeme erfasst. Für nicht-Echtzeit-fähige Ren­derer er­folgt die Ein­stellung der Kamera­para­meter häufig über Dialogboxen.

 

Zeitliche Navigation

Neben der räumlichen Navigation sind gegebenenfalls auch zeitliche Navi­ga­tions­werkzeuge umzusetzen (zum Beispiel durch Zeit­steuerungs­kon­solen oder andere Elemente).

 

Orientierungshilfen

Ist der sichtbare Teil der Szene verhältnismäßig klein, ist der Einsatz von Orien­tie­rungshilfen oft sinnvoll. Häufig genutzt werden beispielsweise Über­sichtsfenster, in wel­chen die Szene zusammen mit der Geometrie der Sicht­volu­mina der An­sichts­fenster im Aufriss gezeigt wird. Als weitere wichtige Orientierungshilfen sind karto­grafische Elemente wie Nordpfeil/Kompass oder Koordinatenachsen zu nennen.

 

Beispiel: Nebenstehendes VRML-Beispiel zeigt Angaben über die Himmelsrichtungen (Textelemente mit Billboard-Verhalten), einen Kompass und eine Maßstabsleiste als Hilfsmittel zur räumlichen Orientierung. Die räumliche Navigation ist im gezeigten Beispiel über die Bedienkonsole des "Cosmo-Players" möglich.

 


Fragen zu Lerneinheit 3

*** in Arbeit ***